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Heuristik & Richtlinien

Heuristische Evaluationen helfen, Usability-Probleme systematisch und effizient zu erkennen – anhand bewährter Regeln und Prinzipien.

Definition

Eine Heuristik ist eine allgemeine Regel oder Daumenregel zur Bewertung der Gebrauchstauglichkeit. Sie ist keine feste Norm, sondern eine erfahrungsbasierte Leitlinie.


Nielsens 10 Usability-Heuristiken (1994)

Die bekannteste Sammlung stammt von Jakob Nielsen:

  1. Sichtbarkeit des Systemstatus
    → Das System informiert, was passiert
  2. Übereinstimmung mit der realen Welt
    → Metaphern, Sprache, Konventionen
  3. Benutzerkontrolle und Freiheit
    → Rückgängig-Funktionen, Abbrechen
  4. Konsistenz und Standards
    → Gleiches Verhalten bei gleichem Element
  5. Fehlervermeidung
    → Keine Fehlermeldung, wenn der Fehler vermieden werden kann
  6. Wiedererkennung statt Erinnerung
    → Optionen sichtbar statt auswendig nötig
  7. Flexibilität und Effizienz
    → Shortcuts, Anpassung für Expert:innen
  8. Ästhetisches und minimalistisches Design
    → Keine überflüssigen Informationen
  9. Hilfestellung bei Fehlern
    → Klare, verständliche Fehlermeldungen
  10. Hilfe und Dokumentation
    → Hilfe sollte leicht auffindbar, aufgabenbezogen und konkret sein

Weitere Heuristiksysteme

🔹 Gerhardt-Powals’ Cognitive Engineering Principles

Eine kognitionspsychologische Alternative mit Fokus auf Informationsverarbeitung:

🔹 BITV (Barrierefreie Informationstechnik-Verordnung)

Diese deutschen Richtlinien basieren auf WCAG und ergänzen heuristische Verfahren um rechtlich verbindliche Anforderungen:


Anwendung in der Praxis

VorgehenBeschreibung
Expert ReviewUX-Expert:innen bewerten ein Interface anhand der Heuristiken
Mehrere ReviewerIdeal: 3–5 Personen unabhängig voneinander
Ergebnisse clusternWiederkehrende Probleme priorisieren
ProtokollierenProblem, Heuristikverstoß, Schweregrad, Empfehlung

Fazit

Heuristiken und Richtlinien sind unverzichtbare Werkzeuge im UX-Toolkit. Sie bieten eine schnelle, kosteneffiziente Möglichkeit, Schwachstellen in der Gestaltung zu identifizieren – besonders in frühen Entwicklungsphasen.

Merksatz

Heuristische Evaluation ersetzt kein Nutzerfeedback – aber sie ist der beste erste Schritt.

Häufige Fragen (FAQ)

Was ist eine Heuristik im UX-Kontext?
Eine Heuristik ist eine allgemeine Regel oder Daumenregel zur Bewertung der Gebrauchstauglichkeit. Sie basiert auf Erfahrung und dient als Leitlinie, nicht als feste Norm.
Welche bekannten Heuristiken gibt es?
Die bekannteste Sammlung sind Nielsens 10 Usability-Heuristiken, z. B. Sichtbarkeit des Systemstatus, Konsistenz, Fehlervermeidung und Hilfe bei Fehlern.
Was sind Gerhardt-Powals’ Cognitive Engineering Principles?
Das ist ein heuristisches System mit Fokus auf kognitive Prozesse. Es umfasst Prinzipien wie Reduktion von Unsicherheit, Kompatibilität mit mentalen Modellen und Minimierung der Gedächtnisbelastung.
Welche Rolle spielt die BITV?
Die Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung ergänzt heuristische Verfahren um rechtlich verbindliche Anforderungen zu Wahrnehmbarkeit, Bedienbarkeit, Verständlichkeit und Robustheit.
Ersetzen Heuristiken Usability-Tests?
Nein. Heuristische Evaluationen sind eine effiziente Methode zur Früherkennung typischer Schwächen, aber sie ersetzen kein Nutzerfeedback und keine empirischen Tests.

Zuletzt geändert: 2. November 2025