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Kognitive Belastung & Usability

Wie stark ein System das Arbeitsgedächtnis beansprucht, beeinflusst seine Gebrauchstauglichkeit entscheidend. Die Cognitive Load Theory liefert dafür ein nützliches Rahmenmodell.

Definition: Kognitive Belastung

Kognitive Belastung (Cognitive Load) beschreibt die mentale Anstrengung, die notwendig ist, um Informationen zu verarbeiten und Aufgaben auszuführen – insbesondere im Arbeitsgedächtnis.

Drei Arten kognitiver Belastung

Die Cognitive Load Theory (CLT) nach Sweller unterscheidet drei Arten mentaler Beanspruchung:

1. Intrinsische Belastung
Diese ergibt sich aus der Komplexität des Inhalts selbst. Ein einfaches Formular zur Adressänderung erzeugt eine geringe intrinsische Last – ein komplexes Steuermodul dagegen eine hohe. UX-Design kann sie nicht reduzieren, aber durch gute Strukturierung unterstützen.

2. Extrinsische Belastung
Diese wird durch schlechtes Design verursacht. Unlogische Navigation, unnötige Pop-ups oder unverständliche Formulierungen führen zu unnötiger Denkleistung. UX-Ziel: diese Belastung minimieren.

3. Lernförderliche Belastung
Sie entsteht, wenn Informationen so aufbereitet sind, dass sie tieferes Verstehen fördern – etwa durch interaktive Hilfestellungen oder klare visuelle Strukturen. UX-Ziel: diese gezielt aktivieren.

Gestaltungsziel

Gute Interfaces reduzieren extrinsische Belastung – ohne den kognitiven Gehalt zu entwerten.

Prinzipien für kognitiv entlastetes UX-Design

Ein gebrauchstaugliches Design hilft Nutzer:innen, ihre kognitive Energie effizient einzusetzen. Hier einige zentrale Strategien:

Praxisbeispiel: Formulardesign

Ein Versicherungsformular mit 20 Pflichtfeldern auf einer Seite wirkt überfordernd.
Besser: Es wird in drei überschaubare Abschnitte unterteilt, die jeweils durch eine Fortschrittsanzeige ergänzt werden. Hilfetexte erscheinen kontextabhängig – nur dann, wenn sie gebraucht werden. So sinkt die extrinsische Belastung deutlich.

Messung kognitiver Belastung

UX-Research kann Cognitive Load über verschiedene Methoden erfassen:

Diese Indikatoren helfen, kritische Stellen im Interface zu erkennen – und gezielt zu verbessern.

Fazit

Ein gutes UX-Design ist nicht nur visuell ansprechend oder funktional. Es berücksichtigt auch die kognitiven Ressourcen der Nutzer:innen.
Designentscheidungen, die kognitive Belastung bewusst steuern, ermöglichen effektivere Nutzung, mehr Zufriedenheit – und letztlich bessere Gebrauchstauglichkeit.

Merksatz

Gute Usability entlastet das Denken – nicht die Nutzer:innen.

Zuletzt geändert: 17. Juni 2025