Mentale Modelle in der HCI
Mentale Modelle sind innere Repräsentationen, mit denen Nutzer:innen Systeme verstehen, vorhersagen und bedienen. Sie spielen eine zentrale Rolle in der Human-Computer Interaction (HCI).
Definition
Ein mentales Modell ist eine vereinfachte, subjektive Vorstellung darüber, wie ein System funktioniert. Es beeinflusst, wie Personen mit diesem System interagieren.
Warum mentale Modelle entscheidend sind
Wenn Menschen ein neues System nutzen, bauen sie auf Erfahrungen und Analogien. Mentale Modelle helfen ihnen, Funktionen zu erklären, Aktionen vorherzusagen und Probleme zu vermeiden – etwa wenn sie ein unbekanntes Interface erkunden.
Fehlt dieses Modell, fühlen sich Nutzer:innen orientierungslos. Ist es falsch, entsteht Frustration: etwa wenn der „Speichern“-Button nicht das tut, was erwartet wurde.
Mentales Modell vs. Systemmodell
Der berühmte Dreiklang in der HCI lautet:
- Systemmodell – wie das System technisch tatsächlich funktioniert
- Designer-Modell – wie Entwickler:innen denken, dass das System funktioniert
- Mentales Modell – wie Nutzende glauben, dass es funktioniert
Probleme entstehen, wenn das mentale Modell der Nutzer:innen nicht mit dem Systemmodell übereinstimmt – ein klassisches Beispiel: Das Papierkorb-Symbol am Desktop suggeriert vollständiges Löschen. Tatsächlich wird die Datei nur verschoben – ein Missverständnis, das UX-Design korrigieren muss.
Praxisbeispiel
Nutzer:innen glauben oft, dass ein „Senden“-Button in einer App sofort eine Nachricht verschickt – obwohl diese zuerst lokal zwischengespeichert wird. Eine Ladeanimation oder Feedbackmeldung kann helfen, das mentale Modell realistischer zu gestalten.
Wie Design mentale Modelle unterstützt
Ein gutes Interface vermittelt Funktionen intuitiv. Das gelingt durch:
- Konsistenz – z. B. ähnliche Navigation wie in bekannten Apps
- Affordanzen – etwa Schaltflächen, die wie echte Tasten aussehen
- Metaphern – wie „Desktop“, „Ordner“, „Papierkorb“ oder „Warenkorb“
- Rückmeldung – etwa durch Animationen, Töne oder Statusanzeigen
- Fehlertoleranz – z. B. „Rückgängig“-Funktion oder Warnhinweise vor dem Löschen
Mehr zu Affordanzen findest du hier.
Wie man mentale Modelle erfassen kann
UX-Research nutzt verschiedene Methoden, um mentale Modelle sichtbar zu machen:
- Card Sorting zeigt, wie Nutzer:innen Informationen strukturieren.
- Interviews und Thinking-Aloud-Methoden geben Einblick in Denkprozesse.
- Concept Mapping visualisiert explizite Vorstellungen.
- Der Vergleich von Nutzerverhalten mit Systemlogik deckt Modellkonflikte auf.
Diese Methoden sind eng verbunden mit den Seiten zur Thinking-Aloud-Methode und UX-Interviews.
Fazit
Mentale Modelle sind kognitive Werkzeuge, mit denen wir die digitale Welt verstehen.
Ein nutzerzentriertes Design berücksichtigt nicht nur, wie ein System funktioniert – sondern auch, wie es verstanden wird.
Denn je besser Systemlogik und mentale Modelle übereinstimmen, desto intuitiver wird die Nutzung.
Merksatz
Systeme sollten sich an das mentale Modell der Nutzer:innen anpassen – nicht umgekehrt.
Zuletzt geändert: 17. Juni 2025