UX-Tools im Vergleich
UX-Design ist längst ein datengestützter, iterativer Prozess – und moderne UX-Tools sind zentrale Werkzeuge, um diesen Prozess effizient, nutzerzentriert und nachvollziehbar zu gestalten. Ob erste Ideen getestet, Nutzer:innen beobachtet oder Designentscheidungen abgesichert werden sollen: Für jeden dieser Schritte gibt es spezialisierte Tools.
Doch welches Werkzeug eignet sich für welchen Anwendungsfall? Und wie unterscheiden sich Tools wie Maze, Lookback oder UsabilityHub in ihrer methodischen Tiefe? Der folgende Überblick zeigt zentrale UX-Tools im Praxiseinsatz – mit Stärken, Schwächen und typischen Anwendungsszenarien.

Maze: Quantitatives Testing mit Prototypen
Maze ist ein Remote-Tool, das besonders für schnelle, unmoderierte Tests auf Prototyp-Ebene geeignet ist. UX-Teams können direkt Figma-, Adobe XD- oder Sketch-Prototypen importieren, Aufgaben definieren und das Nutzerverhalten messen.
Praxisbeispiel: Ein Designteam möchte wissen, ob Nutzer:innen intuitiv die neue Filterfunktion im Prototyp finden. In Maze legen sie eine Aufgabe fest („Filtere nach Preis < 50 €“) und messen den Erfolgsanteil sowie die Klickpfade.
Vorteile:
✔️ Skalierbar und schnell
✔️ Automatische Heatmaps und Konversionsanalysen
✔️ Integration in gängige Designplattformen
Grenzen:
– Eher oberflächlich: Keine Rückfragen, kein Kontextwissen
– Ergebnisse müssen interpretiert, nicht nur konsumiert werden
Lookback: Beobachten und Verstehen in Echtzeit
Lookback eignet sich besonders für moderierte Tests und qualitative Interviews, bei denen UX-Teams tiefer verstehen wollen, warum Nutzer:innen so handeln, wie sie es tun.
Praxisbeispiel: Bei einem Remote-Usability-Test zur neuen Terminbuchung sieht der Moderator per Live-Stream, wie ein Nutzer lange zögert. Auf Nachfrage erklärt dieser: „Ich bin mir nicht sicher, ob ich mit dem Klick schon buche oder erst auf der nächsten Seite.“
Vorteile:
✔️ Direkte Kommunikation und Nachfragen möglich
✔️ Videoanalyse mit Timecode-Kommentaren
✔️ Mehrere Stakeholder können passiv zusehen
Grenzen:
– Höherer Planungsaufwand
– Technisch anspruchsvoller (v. a. mit weniger technikaffinen Teilnehmenden)
UsabilityHub: Visuelles Feedback blitzschnell
UsabilityHub bietet einfache, visuell orientierte Testformate wie 5-Second-Tests, Präferenztests oder Click-Tests. Das Tool ist ideal, um erste Gestaltungsalternativen zu evaluieren.
Praxisbeispiel: Zwei Varianten eines Startbildschirms stehen zur Auswahl. Innerhalb weniger Stunden liefern 50 anonyme Testpersonen Feedback, welche Variante sie intuitiver finden – mit kurzer Begründung.
Vorteile:
✔️ Schnell & einfach
✔️ Ideal zur Hypothesenbildung im Designprozess
✔️ Eigene oder externe Testpersonen möglich
Grenzen:
– Kein vollständiger Nutzungskontext
– Eher punktuelle Wahrnehmung statt Verhalten
Optimal Workshop: Struktur verstehen statt nur gestalten
Wenn es um Informationsarchitektur geht – also darum, wie Inhalte strukturiert, kategorisiert oder gefunden werden – ist Optimal Workshop das Tool der Wahl. Mit Card Sorting und Tree Testing können intuitive Strukturen entwickelt und validiert werden.
Praxisbeispiel: Ein Museum plant seinen Online-Katalog neu. Mithilfe von Card Sorting testen sie, wie Nutzer:innen Exponate gruppieren würden – „Kunst nach Epoche“, „nach Material“ oder „nach Thema“.
Vorteile:
✔️ Spezialisierte Methoden für komplexe Inhalte
✔️ Visuelle Auswertungen (z. B. Clusterdiagramme)
✔️ Gut geeignet für Intranets, große Websites, Informationsportale
Grenzen:
– Kein UI-Feedback – nur strukturelle Sicht
– Interpretation erfordert Kontextverständnis
Hotjar & Microsoft Clarity: Reale Nutzung sichtbar machen
Diese Tools zeichnen echte Sitzungen auf und erzeugen Heatmaps, Scroll-Tracking und Session-Replays. Sie liefern visuelle Hinweise darauf, wie Nutzer:innen sich tatsächlich durch ein Produkt bewegen – ohne dass sie aktiv befragt werden.
Praxisbeispiel: Auf einer Landingpage sehen UX-Teams, dass nur 20 % der Besucher:innen den unteren Call-to-Action erreichen – obwohl er zentral für den Funnel ist. Ergebnis: Der Button wird weiter oben platziert, die Scrolltiefe steigt um 35 %.
Vorteile:
✔️ Realitätsnah, da auf Live-Seiten erhoben
✔️ Schnell erste Hypothesen identifizieren
✔️ Kostenlos nutzbar (Clarity)
Grenzen:
– Keine Ursachenanalyse ohne Ergänzungsmethoden
– Datenschutz und Einwilligung beachten
Fazit: Welches Tool für welchen Zweck?
Es gibt kein „bestes UX-Tool“ – sondern nur geeignete Werkzeuge für bestimmte Fragen. Entscheidend ist, was untersucht werden soll:
Ziel | Passendes Tool |
---|---|
Prototypen validieren | Maze |
Nutzungsverhalten beobachten | Lookback, Clarity |
Designentscheidungen testen | UsabilityHub |
Navigation und Struktur prüfen | Optimal Workshop |
Live-Daten analysieren | Hotjar, Microsoft Clarity |
Tipp: Ein guter Toolstack kombiniert quantitative Metriken mit qualitativen Einsichten. So wird aus Klickzahl und Kommentar ein ganzheitliches Bild.
Schlussgedanke
UX-Tools sind keine Methoden – sie sind methodische Werkzeuge. Wer sie zielgerichtet auswählt, klug kombiniert und reflektiert einsetzt, kann nicht nur Designentscheidungen absichern, sondern das Nutzererlebnis fundiert und wirksam verbessern.
Vergleichsstudien zu UX-Werkzeugen und Evaluationsmethoden
Diese Studien vergleichen UX-Design-, Test- und Evaluationswerkzeuge hinsichtlich Usability, Effizienz und Anwendungskontext. Sie liefern fundierte Einsichten zur Auswahl geeigneter Tools und Methoden.
A Comparative Research on Usability and User Experience of User Interface Design Software
Vergleicht Sketch, Adobe XD und Figma hinsichtlich UX, Layout, Informationsqualität und Interaktionslogik – Figma schnitt am besten ab.
Wang, J., Xu, Z., Wang, X., & Lu, J. (2022). A comparative research on usability and user experience of user interface design software. International Journal of Advanced Computer Science and Applications, 13(8). https://doi.org/10.14569/ijacsa.2022.0130804
Comparative Analysis of Interface Sketch Design Tools in the Context of UX
Bewertet 8 Tools hinsichtlich Bearbeitungszeit, Mausinteraktion und Nutzerzufriedenheit. Ermittelt Unterschiede je nach Bildungshintergrund.
Kowalczyk, E., Glinka, A., & Szymczyk, T. (2022). Comparative analysis of interface sketch design tools in the context of UX. Journal of Computer Sciences Institute. https://doi.org/10.35784/jcsi.2803
Comparison of Graphical User Interface Testing Tools
Testet Robotium, Espresso, UI Automator und Pix2Code – zeigt Grenzen von Pix2Code und Stärken klassischer Testtools.
Sinaga, A. M., Pratama, Y., Siburian, F. O., & Pardamaian S, K. J. F. (2021). Comparison of graphical user interface testing tools. IEEE Proceedings. https://doi.org/10.47709/CNAHPC.V3I2.951
A Tale of Two Inspection Methods: Comparing UX and eHealth Literacy Tools
Vergleich zweier Checklisten zur Evaluation von UX und eHealth Literacy in Gesundheitssystemen. Zeigt Stärken, Schwächen und Optimierungsbedarf.
Monkman, H., & Griffith, J. (2021). A tale of two inspection methods. In Medical Informatics Europe. https://doi.org/10.3233/SHTI210310
Exploring the Landscape of UX Subjective Evaluation Tools
Systematische Übersicht von 104 UX-Tools (2010–2021). Kategorisiert nach UX-Dimensionen, zeigt Bedarf für modulare Tools wie UEQ+ und meCUE.
Mortazavi, E., Doyon-Poulin, P., Imbeau, D., Taraghi, M., & Robert, J.-M. (2024). Exploring the landscape of UX subjective evaluation tools. Interacting with Computers. https://doi.org/10.1093/iwc/iwae017